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Verfassungsbeschwerde von drei Ruhestandsbeamten
gegen Vorschriften des Versorgungsänderungsgesetzes 2001
abgewiesen
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Verfassungsbeschwerde von drei Ruhestandsbeamten gegen Vorschriften des Versorgungsänderungsgesetzes 2001 abgewiesen |
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Der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts hat mit Urteil vom 27. September 2005 die Verfassungsbeschwerde von drei Ruhestandsbeamten, die sich gegen Vorschriften des Versorgungsänderungsgesetzes 2001 gewandt hatten (Pressemitteilung Nr. 50/2005 vom 14. Juni 2005), abgewiesen.
Die Verfassungsbeschwerde sei unzulässig, soweit sie sich dagegen wendet, dass die steuerliche Förderung der privaten Altersvorsorge auf aktive Beamte beschränkt bleibt und Ruhestandsbeamte von der Förderung ausgeschlossen sind. Insoweit hätten die Beschwerdeführer zunächst fachgerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch nehmen müssen.
Soweit sich die Beschwerdeführer gegen die Verringerung des Pensionsniveaus von Ruhestandsbeamten wenden, sei die Verfassungsbeschwerde unbegründet. Die beanstandete Regelung verstoße nicht gegen die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums, insbesondere greife die Regelung nicht in den Kernbestand des Alimentationsprinzips (Sicherung eines angemessenen Lebensunterhalts) ein. Zwar sei im Beamtenrecht das Bemühen, Ausgaben zu sparen, in aller Regel für sich genommen keine ausreichende Legitimation für eine Kürzung der Altersversorgung. Die Verringerung des Versorgungsniveaus sei aber im Hinblick auf die Entwicklung der gesetzlichen Rentenversicherung gerechtfertigt. Auch habe der Gesetzgeber die ihm durch den Grundsatz des Vertrauensschutzes gezogenen Grenzen nicht überschritten. Das mit der Übertragung der Rentenreform auf die Beamtenversorgung verfolgte Anliegen einer langfristigen Sicherung des Systems der Beamtenversorgung überwiege das schützenswerte Vertrauen der Beschwerdeführer in den Fortbestand der für die Berechnung ihrer Versorgungsbezüge maßgeblichen Faktoren.
Der Entscheidung liegen im Wesentlichen folgende Erwägungen zu Grunde:
A.
Die Verfassungsbeschwerde ist unzulässig, soweit sich die Beschwerdeführer dagegen wenden, dass die steuerliche Förderung der privaten Altersvorsorge auf aktive Beamte beschränkt bleibt (Art. 11 Nr. 1a VersÄndG 2001). Insoweit erfordert die Beurteilung der mit ihr erhobenen Rügen die vorrangige Inanspruchnahme fachgerichtlichen Rechtschutzes. Dort wird vor allem zu klären sein, inwiefern die Möglichkeit des Abschlusses eines ergänzenden privaten Versorgungsvertrages für Bestandspensionäre überhaupt relevant ist.
B.
Soweit sich die Beschwerdeführer gegen die Absenkung des Versorgungsniveaus von Ruhestandsbeamten (Art. 1 Nr. 48 VersÄndG 2001 in Verbindung mit § 69e Beamtenversorgungsgesetz) wenden, ist die Verfassungsbeschwerde unbegründet.
I. Die Regelung verstößt nicht gegen die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums im Sinne des Art. 33 Abs. 5 GG.
1. Es existiert kein hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums, der den Gesetzgeber verpflichtete, bei Anpassungen der Bezüge eine strikte Parallelität der Besoldungs- und Versorgungsentwicklung zu gewährleisten.
Des Weiteren gibt es keinen hergebrachten Grundsatz des Berufsbeamtentums, wonach der Höchstversorgungssatz mindestens 75 v. H. der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge betragen müsste.
2. Der neu eingefügte § 69e BeamtVG greift nicht in den Kernbestand des Alimentationsprinzips ein. Die Verringerung des Versorgungsniveaus ist im Hinblick auf die Entwicklung der gesetzlichen Rentenversicherung gerechtfertigt.
Keinen sachlichen Grund für die Verminderung der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge und des Versorgungssatzes stellen die steigenden Ausgaben der Beamtenversorgung dar. Die vom Dienstherrn geschuldete Alimentierung ist keine dem Umfang nach beliebig variable Größe, die sich einfach nach den wirtschaftlichen Möglichkeiten der öffentlichen Hand bemessen lässt. Zu den finanziellen Erwägungen müssen in aller Regel weitere Erwägungen hinzukommen, die im Bereich des Systems der Altersversorgung liegen. So ist die Inanspruchnahme auch der Beamten für die durch das Anwachsen des Versorgungszeitraums bedingten Mehrkosten im Hinblick auf den Anstieg der durchschnittlichen Lebenserwartung sowie die hohe Zahl von Frühpensionierungen grundsätzlich nicht sachfremd. Da jedoch diese Gesichtspunkte die Beamtenschaft insgesamt betreffen, weisen sie keinen spezifischen Bezug zum System der Altersversorgung auf und rechtfertigen deshalb nicht die Inanspruchnahme allein der Versorgungsempfänger. Die Verringerung des Versorgungsniveaus ist jedoch im Hinblick auf die Entwicklung der gesetzlichen Rentenversicherung gerechtfertigt. Das System der gesetzlichen Rentenversicherung und dessen Veränderungen können allerdings nur insofern zur Bestimmung der Amtsangemessenheit der Versorgungsbezüge und zur Rechtfertigung von deren Absenkung herangezogen werden, als dies mit den strukturellen Unterschieden der Versorgungssysteme vereinbar ist. Ein wesentlicher Unterschied der gesetzlichen Rentenversicherung gegenüber der beamtenrechtlichen Altersversorgung besteht darin, dass die Sozialrente als Grundversorgung durch Zusatzleistungen ergänzt wird. Die Beamtenversorgung umfasst hingegen als Vollversorgung sowohl die Grund- als auch die Zusatzversorgung, wie sie durch die betriebliche Altersvorsorge erfolgt. Diese strukturellen Unterschiede sind bei einem Vergleich der Systeme zu berücksichtigen. Das Versorgungsniveau von Mitgliedern der gesetzlichen Rentenversicherung bildet daher nur dann einen tauglichen Vergleichsmaßstab, wenn dabei neben der Rente auch die Einkünfte aus einer betrieblichen Zusatzversorgung berücksichtigt werden. § 69e BeamtVG stellt keine wirkungsgleiche Übertragung der Rentenreform 2001 dar. Unberücksichtigt blieb, dass die gesetzliche Rente in vielen Fällen nur einen Teil der Altersversorgung ausmacht und dass die vorgenommenen Kürzungen zudem – jedenfalls teilweise – durch eine staatlich geförderte private Altersvorsorge kompensiert werden. Auch soweit die Rentenreform des Jahres 2001 dazu führt, dass eine angemessene Altersversorgung nur mit Hilfe zusätzlicher, privater Altersvorsorge (sog. Riester-Rente) gesichert werden kann, scheidet eine Übertragbarkeit auf das Versorgungsrecht aus.
Dennoch hat der Gesetzgeber die verfassungsrechtlichen Grenzen seines Entscheidungsspielraums noch nicht überschritten. Wegen der Unterschiedlichkeit der Versorgungssysteme können die Beschwerdeführer eine prozentual identische Angleichung nicht verlangen. Hinzu kommt, dass die finanziellen Auswirkungen der Reform der gesetzlichen Rentenversicherung bei Erlass des VersÄndG 2001 nicht fest standen, sondern sich lediglich anhand von Modellrechnungen abschätzen ließen. Die Übertragung der erst künftigen Auswirkungen der Rentenreform auf die Beamtenversorgung erforderte deshalb eine prognostische Entscheidung des Gesetzgebers. Hiermit zwangsläufig verbundene Ungenauigkeiten und Abweichungen sind bei der Beurteilung des Gestaltungsspielraums zu berücksichtigen. Bei einer nicht unerheblichen Abweichung der tatsächlichen von der prognostizierten Entwicklung ist der Gesetzgeber allerdings gehalten, Korrekturen an der Ausgestaltung der Bezüge vorzunehmen. Dem hat er durch die Vorschrift des § 14a Abs. 5 BBesG Rechnung getragen, die gleichfalls durch das VersÄndG 2001 eingeführt wurde.
II. § 69e BeamtVG verstößt nicht gegen den Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG).
Die Norm bewirkt, dass aktive Beamte nur in Höhe der bislang angefallenen Versorgungsrücklage (§ 14a Bundesbesoldungsgesetz), Versorgungsempfänger hingegen zusätzlich durch die Absenkung des Versorgungsniveaus (§ 69e BeamtVG) finanziell belastet werden. Hierin liegt eine Ungleichbehandlung wesentlich gleicher Tatbestände. Besoldung und Versorgung sind bloße Teilelemente des einheitlichen Tatbestands der Alimentation; eine „Versorgungslast" gibt es in rechtlicher Hinsicht daher nicht. Jedoch ist diese Ungleichbehandlung sachlich gerechtfertigt. Insofern gelten die gleichen Maßstäbe wie bei der Überprüfung anhand des Kriteriums der amtsangemessenen Alimentation und der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums (siehe oben I. 2).
III. § 69e BeamtVG verstößt weder gegen das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot noch gegen den rechtstaatlichen Grundsatz des Vertrauensschutzes.
Der Umfang der Absenkung des Versorgungsniveaus in Höhe von 5 v. H. innerhalb eines Zeitraums von sieben Jahren und der Umstand, dass die Verminderung voraussichtlich nicht mit einem betragsmäßigen Rückgang der Bezüge einhergehen wird, lassen erwarten, dass die Beschwerdeführer in der Lage sein werden, sich den veränderten Umständen anzupassen. Hinzu kommt, dass das sachlich gerechtfertigte Ziel des Gesetzgebers, die Rentenreform 2001 auf die Pensionen zu übertragen, von der Notwendigkeit unterstützt wird, das System der Beamtenversorgung langfristig zu sichern.
Urteil vom 27. September 2005 – 2 BvR 1387/02 –
Karlsruhe, den 27. September 2005
Informationen zur mündlichen Verhandlung vom 29. Juni 2005 (Versorgungsänderungsgesetz 2001)
Der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts verhandelt am 29. Juni 2005 die Verfassungsbeschwerden von drei Ruhestandsbeamten, die sich gegen Vorschriften des Versorgungsänderungsgesetzes 2001 wenden (vergleiche Pressemitteilung Nr. 48/2005 vom 8. Juni 2005).
- 2 BvR 1387/02 -
Rechtlicher Hintergrund:
Das Versorgungsänderungsgesetz (VersÄndG) 2001 ist am 1. Januar 2002 in Kraft getreten. Dadurch sollten die Reform der gesetzlichen Rentenversicherung auf die Beamtenversorgung übertragen und aktive Beamte in die Förderung einer privaten kapitalgedeckten Altersvorsorge („Riester-Rente") einbezogen werden.
1. Das Ruhegehalt des Beamten errechnet sich aus einer Multiplikation der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge mit dem erdienten Ruhegehaltssatz. Dieser betrug vor dem Inkrafttreten des VersÄndG 2001 für jedes Jahr ruhegehaltfähiger Dienstzeit 1,875 v.H. und war auf einen Höchstsatz von 75 v.H. begrenzt. Durch Art. 1 Nr. 11 a) aa) VersÄndG 2001 wurde § 14 Abs. 1 Satz 1 Beamtenversorgungsgesetz (BeamtVG) dahingehend geändert, dass der Ruhegehaltssatz auf 1,79375 v.H. und der Höchstruhegehaltssatz auf 71,75 v.H. vermindert wurden.
Um auch bei den Ruhestandsbeamten, deren Pensionsbezüge nach dem bislang geltenden Recht festgesetzt wurden, das Versorgungsniveau entsprechend abzusenken, fügte der Gesetzgeber durch Art. 1 Nr. 48 VersÄndG 2001 einen neuen § 69 e) BeamtVG ein. Danach werden ab dem Jahr 2003 bei den folgenden sieben Versorgungsanpassungen für die Berechnung der Versorgungsbezüge die zu Grunde liegenden ruhegehaltfähigen Dienstbezüge mittels eines im Gesetz festgelegten Anpassungsfaktors vermindert. Mit der achten Anpassung wird der bisherige Ruhegehaltssatz mit dem Faktor 0,95667 multipliziert und ersetzt dann den bisherigen Ruhegehaltssatz. Hierdurch soll eine betragsmäßige Absenkung der Versorgungsbezüge vermieden und statt dessen deren künftiger Anstieg verringert werden. § 69 e) BeamtVG bewirkt, dass nach der achten Anpassung alle Versorgungsempfänger so gestellt werden, als hätten der Ruhegehalts- (1,79375 %) und der Höchstruhegehaltssatz (71,75 %) des § 14 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG neue Fassung schon immer gegolten.
2. Durch Art. 11 Nr. 1 a) VersÄndG 2001 wurde § 10 a) Abs. 1 Nr. 1 Einkommensteuergesetz geändert. Danach erhalten die aktiven Beamten die Möglichkeit, private Vorsorge zu betreiben, und werden ab 2002 in die gesetzliche Förderung einer privaten zusätzlichen Altersvorsorge einbezogen.
Zu den Verfassungsbeschwerden:
Die Beschwerdeführer wurden zwischen 1996 und 2000 wegen Dienstunfähigkeit vorzeitig in den Ruhestand versetzt. Sie machen geltend, § 69 e) BeamtVG verstoße gegen Art. 33 Abs. 5 (Alimentationsprinzip) und Art. 3 Abs. 1 GG (allgemeiner Gleichheitssatz). Das VersÄndG 2001 sei keine wirkungsgleiche Übertragung der Rentenreform, weil die Absenkung des Versorgungsniveaus über die Verringerung der Rente hinausgehe. Die
Alimentationsverantwortung werde in deutlichem Umfang auf den Beamten selbst verlagert. Eine derartige teilweise Überbürdung der Versorgungslast widerspreche Art. 33 Abs. 5 GG. Zudem sehe § 69 e) BeamtVG - unter Berücksichtigung der bisherigen Praxis einer jährlichen Versorgungsanpassung - für die Absenkung einen Zeitraum von insgesamt sieben Jahren vor. Dieser sei für Bestandspensionäre zu knapp bemessen, um eine ergänzende Altersvorsorge aufzubauen. Eine Ungleichbehandlung liege außerdem darin, dass Versorgungsbeamte von einer privaten Zusatzvorsorge, zumindest jedoch von deren steuerlicher Förderung ausgeschlossen seien.
Karlsruhe, den 14. Juni 2005
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